Ratgeber zum Thema PoE (Power over Ethernet)

In diesem Ratgeber erfahren Sie alles rund um das Thema PoE und den Zusammenhang zur Videoüberwachungstechnik.

Was ist PoE?

Mithilfe von PoE (Power over Ethernet) ist es möglich elektrischen Strom über eine bestehende Datenleitung zu transportieren. Gewöhnliche Netzwerkkabel (Patchkabel) erlauben die Datenübertragung und zusätzlich die Stromversorgung des angeschlossenen Gerätes. Zudem ist die Netzwerkfunktion PoE in einem einheitlichen Standard (IEEE) geregelt, sodass PoE herstellerunabhängig und in verschiedenen Systemen genutzt werden kann.

Wofür brauche ich PoE?

Verschiedene Geräte wie WLAN Access Points, Überwachungskameras oder Türsprechstellen können ohne zusätzliches Netzteil mithilfe eines einzigen Kabels mit Strom und Daten versorgt werden. Dadurch können zusätzliche Kabelwege eingespart werden und die Kabelstruktur wird grundsätzlich kompakter. Darüber hinaus werden keine separaten Netzteile für die Stromversorgung von verschiedenen Geräten mehr benötigt.

In Zeiten von IoT (Internet of Things) erlaubt der PoE-Standard neue Maßstäbe und verringert die Komplexität von netzwerkbasierten Systemen. Besonders für den Bereich der Videoüberwachung können mithilfe von PoE eine Menge Ressourcen gespart werden. Die Stromversorgung über PoE erlaubt die Speisung der Überwachungskamera für Funktionen, wie Heizung, Licht, Infrarot, Steuerung oder Objektiv-Verstellung.

Das Bild zeigt PoE

Wie funktioniert Power over Ethernet (PoE)?

Für eine Gigabit-Ethernet Verbindung über Kupferkabel werden sogenannte CAT7-Leitungen benötigt. Neben ihrer hohen Schirmung gegen Fremdeinflüsse zeichnet sich eine CAT7-Datenleitung durch vier Adernpaare aus. Über diese insgesamt acht Leitungen können Daten mit Gigabit-Geschwindigkeit (max. 10 GB/s) versendet werden. Über die gleichen Adernpaare ist es mithilfe des PoE-Standards möglich Strom an das Gerät zu senden. Fachlich wird dabei zwischen dem PoE sendendem Gerät (Power Sourcing Equipment; kurz: PSE-Gerät) und dem PoE empfangenem Gerät (Powered Device; kurz: PD-Gerät) unterschieden.

Sobald eine Verbindung zwischen den Geräten über ein Netzwerkkabel aufgebaut wird, prüfen die Geräte gegenseitig ihre PoE-Fähigkeit ab. Damit ist sichergestellt, dass ein Gerät ohne PoE-Fähigkeit nicht durch die Bereitstellung von PoE zerstört wird. Ebenfalls wird das jeweilige Leistungsbudget des PD-Gerät abgefragt. Geregelt wird dies mit dem IEEE Standard 802 und deren Unterpunkte. Näheres dazu folgt im nachfolgenden Kapitel.

Was sind PoE-Klassen?

Verschiedene PoE-betriebene Geräte (PD-Geräte) benötigen je nach Anwendungsfall unterschiedlichen Strombedarf. Je mehr Strom verbrauchende Komponenten in einem PD-Gerät verbaut sind, desto mehr Leistung wird folglich benötigt. Daher ist es unumgänglich bei der Planung eines Netzwerkes das Leistungsbudget der einzelnen Geräte zu kennen und die benötigte PoE-Leistung einzuplanen. Besonders für Überwachungskameras ist das PoE-Leistungsbudget vorab zu kennen und die Stromversorgung durch die Wahl der richtigen Komponenten für die Stromversorgung (Switch, PoE-Splitter oder PoE-Injektor) sicherzustellen. Jede PoE-Klasse arbeitet mit einer Spannung von maximal 57 Volt. Die nachfolgenden Kapitel stellen die einzelnen PoE-Klassen vor.

PoE (802.3af)

Die erste PoE-Klasse orientiert sich am IEEE-Standard nach 802.3af und erlaubt insgesamt drei verschiedene Leistungslevels. Nach Verbindung des PD-Gerätes mit dem PSE-Geräte (Beispiel: Patchkabel der Überwachungskamera wird mit dem PoE-Switch verbunden.) wird die mögliche Leistung abgefragt. Danach einigen sich die Geräte auf eine der drei Leistungslevels. Die maximale Leistungsaufnahme in der ersten PoE-Klasse liegt bei 12,95 Watt. Dies bedingt eine Ausgangsleistung des PSE-Gerätes von 15,40 Watt pro Port.

Die Standard PoE-Klasse reicht für die meisten PD-Geräte aus und ist auch im Bereich der Videoüberwachung für die meisten Überwachungskameras vollkommen ausreichend. Mit dieser Leistung können sowohl Infrarotscheinwerfer, Scheibenheizung oder Objektivsteuerung vollumfänglich versorgt werden. Häufig liegt die durchschnittliche Leistung weit unter 12,95 Watt.

PoE+ (802.3at)

Die zweite PoE-Klasse gilt nach IEEE-Standard 802.3at und ist vielmehr unter dem Begriff PoE+ bekannt. Diese PoE-Klasse erlaubt bis zu vier verschiedene Leistungslevels. Die maximale Leistungsaufnahme eines PD-Geräte beträgt in dieser Klasse 25,50 Watt. Dies bedingt eine Ausgangsleistung des PSE-Gerätes von 30 Watt pro Port.

Viele Switche verfügen nur bei einem Teil ihres Portbereiches über diese Leistung, da sonst ein enormes Gesamtleistungsbudget benötigt werden würde. PoE+ kann beispielsweise von Überwachungskameras mit besonders starkem Infrarotscheinwerfer benötigt werden. Mithilfe von PoE+ können bis zu 600 mA pro Kabelpaar eines gewöhnlichen Netzwerkkabels transportiert werden, wodurch viele IoT-Geräte ohne ein herkömmliches Netzteil auskommen.

PoE++ (802.3bt)

Die leistungsstärkste PoE-Klasse ist nach IEEE-Standard 802.3bt geregelt und wird PoE++ genannt. In dieser Klasse sind bis zu acht verschiedene Leistungsklassen verfügbar. Dabei verfügt die maximale Aufnahmeleistung eines PD-Gerätes über 71,3 Watt. Für diese Leistungsaufnahme ist eine Ausgangsleistung des PSE-Gerätes von bis zu 100 Watt notwendig. Dies kann in der Spitze bis zu 960 mA pro Kabelpaar eines Netzwerkkabels bedeutet. Die gewöhnliche RJ45-Steckverbindung kommt dabei an Ihre Grenzen. Besonders beim Trennen oder Verbinden dieser Verbindung ohne abgeschaltete PoE++ Versorgung können Schäden an PD oder PSE-Gerät entstehen.

Mit der Spannungsversorgung über PoE++ ist in der aktuellen Netzwerkumgebung eine Grenze erreicht. Erst mit neuen Steckverbindungen oder leistungsfähigeren Netzwerkkabeln können noch höhere Leistungen für die Stromversorgung von IoT-Geräten realisiert werden. Im Bereich der Stromversorgung für Geräte aus der Videoüberwachung erlaubt PoE++ die Stromversorgung von leistungsfähigen Infrarotscheinwerfern, Bewegungsantrieb für Schwenkkopfkameras mit schwerem Wetterschutzgehäuse oder die Versorgung von Heizelemente für die Betrieb von Überwachungskameras in besonders kalten Regionen.

Bislang verfügen nur sehr wenig PoE-Switche über einen PoE++ Portbereich. Daher werden in diesem Fall spezielle PoE-Injektoren für die Speisung von PoE++ Geräten eingesetzt. Das gesamte Leistungsbudget eines PoE-Switchtes würde mit viele PoE++ Ports unverhältnismäßig steigen.

Das Bild zeigt eine Überwachungskamera mit PoE

Wie viel Strom verbraucht ein PoE-Gerät bzw. eine PoE-Überwachungskamera?

Die meisten PoE-Geräte kommen mit einer maximalen Leistung von unter 12 Watt vollkommen aus. Erst wenn große Stromverbraucher in den Geräten verbaut sind, kann ein höherer Bedarf benötigt werden. Für die Wahl des richtigen PSE-Gerätes (Bspw. PoE-Switch) ist es erforderlich vorab die Stromverbräuche der angeschlossenen Geräte zu kennen.

Es empfiehlt sich dabei den maximalen Stromverbrauch aller Geräte zu summieren. Im Ergebnis ergibt sich das maximal benötigte Leistungsbudget des PSE-Gerätes. Für gewöhnlich wird die maximale Leistung höchstens Phasenweise benötigt, weshalb für jedes einzelne Gerät stets eine Leistungsreserve zur Verfügung steht.

Überwachungskameras benötigten bei Dunkelheit und bei Kälte am meisten Energie. Der Infrarotscheinwerfer, die eingebaute Heizung für das Gehäuse und die Scheibe benötigen dabei die größte Leistung. Besonders PTZ-Kameras mit leistungsstarkem Infrarotscheinwerfer kommen ohne PoE++ nicht aus.

Vorteile von PoE

Der größte Vorteil besteht in der einfachen Verkabelung: Es wird nur ein Kabel für Strom und Daten benötigt.

Dank PoE können Netzwerkgerät, wie zum Beispiel VoIP-Telefone autark und getrennt von der Hausstromversorgung betrieben werden.

Die Gefahr durch tödliche 230V Spannung nimmt ab, da an den Gerätestandorten lediglich Niederspannung mit maximal 57 Volt anliegt.

Der einheitliche Standard PoE ermöglicht den Betrieb von Geräten herstellerunabhängig und ohne großen Konfigurationsaufwand für den Einsatz von PoE für PD-Geräte.

Durch die gemeinsame Zuführung von Strom und Daten können zusätzliche Stromleitungen und Elektromaterial eingespart werden.

PoE ermöglicht durch die zentrale Stromversorgung über einen PoE-Switch eine Notfallebene, da bei einem Stromausfall das Netzwerk über eine USV gesichert werden kann.

Nachteile von PoE

Der Einsatz von PoE erfordert teurere Netzwerkkomponenten. Ein Netzwerkswitch mit ausreichen PoE-Budget kostet mehr als ein Switch ohne PoE.

In der standardisierten Netzwerkumgebung ist mit PoE++ die maximale Leistung erreicht. Mehr Leistung würde ein neues Steckersystem und höheren Kabelquerschnitt erfordern.

PoE-betriebene Geräte verfügen oftmals über keine zusätzliche Stromversorgung. Fällt PoE aus ist das Gerät nicht mehr einsatzbereit.

Lange Kupfer-Kabelwege führen zu einer abfallenden PoE-Leistung. Zusätzliche aktive Komponenten werden benötigt.

Worauf muss ich bei der Nutzung von PoE-Geräten achten?

Im Umgang mit PoE ist es erforderlich die notwendige Leistung der angeschlossenen Geräte zu kennen. Darüber hinaus sollte der Stromverbrauch von PSE-Geräten nicht unterschätzt werden. Im Bereich der Videoüberwachung wird häufig deutlich mehr PoE-Leistung benötigt als in einer gewöhnlichen Netzwerkumgebung. Die Wahl der richtigen Komponenten und die Berechnung der Leistungsverluste im Videonetzwerk sind unumgänglich.

Ohne entsprechenden Sachverstand können sich Fehler im System einschleichen, die zu unerwünschten Phänomenen im Videosystem führen können. Ruckelige Bilder, Ausfall der Kamera oder Ausfall des Infrarotlichts sind nur ein Teil möglicher Probleme in Zusammenhang mit PoE.

25. Juli 2022

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